Grundpflege ist Beziehungsarbeit
VON: SR. THERESIA FÖRSTER
Theresia Förster behandelt einen Patienten, der von Läusen befallen ist. Cathia Hecker
Herr M. macht Platte in einem Park. In unregelmäßigen Abständen kommt er in die Elisabeth-Straßenambulanz und nimmt eine Dusche. An diesem Tag erlebe ich ihn stark verwahrlost: Der Bart ungepflegt, die Haare lang und ungewaschen, die Fingernägel ungeschnitten und schwarz. Ich entdecke Läuse auf seinem Kopf. Ich freue mich immer, wenn er Pflege in Anspruch nimmt. Er erklärt mir, warum er nicht öfter kommen kann: "Im Park werde ich vom Militär kontrolliert. Ich muss nachts meine Sachen bewachen." Nun verstehe ich, warum er in seinem Erleben "wenig Zeit" hat. Umso mehr freut es mich, dass er es heute sogar zu genießen scheint, dass ich ihm den Bart rasiere und die Haare schneide. Körperpflege ist eben doch ein Stück Menschenwürde und trägt zur Gesundheit unserer Patienten maßgeblich bei.
Schließlich verlässt Herr M. das Bad in der Ambulanz mit frisierten Haaren, gestutztem Bart und mit sauberer Kleidung. Seine Augen strahlen. Jetzt kann er sich wieder seiner Aufgabe widmen, das Militär von sich fern zu halten. Die Kolleg/-innen vom aufsuchenden Dienst werden Herrn M. weiterhin daran erinnern und behutsam auffordern, regelmäßig in die Ambulanz zu kommen. Ein Erfolg, dass er sich ansprechen lässt und die Einladungen immer wieder annimmt.
Alle Menschen haben die gleichen Grundbedürfnisse: Essen, Trinken, Schlafen, Gesundheit, Sauberkeit. Aufgrund ihrer prekären Lebenslage sind unsere Patienten nicht ausreichend in der Lage, für ihre Hygiene und Gesundheitspflege Sorge zu tragen. Wir versuchen, mit einem ganzheitlichen Blick unsere Unterstützung anzubieten. Herr M. nimmt unsere Angebote ab und zu an. Andere tun das nicht, aber auch hier müssen wir immer wieder Beziehungs- und Behandlungsangebote machen und die Herausforderung annehmen, dass dieser Prozess langatmig sein kann.
Zahlen, Daten und Fakten
Im vergangenen Jahr wurden in der Elisabeth-Straßenambulanz insgesamt mehr als 5 000 Pflegebehandlungen durchgeführt: etwa 3 200 Medikamente ausgegeben, 600 große und 300 kleine Körperpflegen und 70 Entlausungen vorgenommen. Die Anzahl der großen Körperpflegen ist deutlich gestiegen, da der Verwahrlosungsgrad einzelner Patienten zunimmt. Pflegemaßnahmen können sehr aufwändig sein und viel Zeit beanspruchen. Wenn starke Suchterkrankungen dazukommen, muss das Ambulanzteam auch auf Notfallsituationen eingestellt sein.