Chronisch krank und auf der Straße
VON: ELISABETH-STRAßENAMBULANZ
Mit dem Ambulanzbus unterwegs: Das Team der ESA fährt regelmäßig Touren durch Frankfurt und sucht Patientinnen und Patienten an ihren Aufenthaltsorten auf.Cathia Hecker
Chronisch krank ist, wessen Krankheitszustand länger als vier Wochen anhält und wer regelmäßig innerhalb eines Jahres wegen derselben Krankheit einen Arzt aufsuchen muss. Dazu zählen etwa Asthma, Diabetes mellitus, Arteriosklerose und Krebserkrankungen. Die damit verbundenen Arztbesuche und Medikamente sind in vielen Fällen kostspielig. Wohnungs- oder obdachlos zu sein, heißt aber häufig, nicht mehr Teil des regulären Gesundheitssystems zu sein, sodass die Kosten nicht mehr von einer Krankenkasse übernommen werden.
Therapiebasis: Eigenverantwortung und Disziplin
Hilfe finden Betroffene bei der ESA, die sich seit 25 Jahren um die medizinische und pflegerische Versorgung von Wohnungs- und Obdachlosen kümmert. Besondere Beachtung bei der Behandlung chronischer Erkrankungen erfordert die psychische Situation der Betroffenen, da eine solche Diagnose immer einen erheblichen Einschnitt bedeutet. Gleichzeitig müssen die Patienten dazu motiviert werden, an der Therapie festzuhalten, sodass diese erfolgreich sein kann. Für einen Diabetiker heißt das zum Beispiel, seine Medikamente rechtzeitig bei der ESA abzuholen und sie im verordneten Rhythmus konsequent einzunehmen. Auch die regelmäßigen Messabstände des Blutzuckers müssen eingehalten werden - und das unter den erschwerten Lebensbedingungen auf der Straße. "Jede Therapie chronischer Erkrankungen basiert auf einer Rhythmisierung", erklärt Krankenpflegerin Kathrin Höhl. "Diabetiker müssen sich mit einer hohen Eigenverantwortung um ihre Gesundheit kümmern. Unsere Patienten haben schon erschwerte Bedingungen, sich um ihre Grundbedürfnisse wie Essen, Schlafen und Körperhygiene zu kümmern. Einen festen Ernährungs- und Medikamentenplan einzuhalten, ist für Einige kaum zu schaffen."
Wie schwer es Betroffene haben, weiß auch Peter Wunsch, der mit dem Ambulanzbus Patienten vor Ort aufsucht. "Immer wieder höre ich, dass Patienten ihr Gepäck verlieren oder dass es gestohlen wird - mitsamt ihrer Medikamente. Es kann Tage dauern, bis sie von uns wieder welche bekommen, und schon ist die Medikamentengabe unterbrochen." Dies hat zur Folge, dass sich die Symptome der Krankheit verstärken. Auch auf die Heilungsaussichten oder eine gute Einstellung der Krankheit wirkt sich eine Unterbrechung unmittelbar negativ aus.
Drei Forderungen für eine bessere Versorgung
Eine weitere Schwierigkeit ist die dauerhafte Umstellung der Lebensumstände, etwa wenn bestimmte Diäten einzuhalten sind oder eine ständige Pflege erforderlich ist. Die regelmäßige ärztliche und pflegerische Versorgung ist aber gerade für Menschen auf der Straße, die sich z. B. mit einem Karton als Matratze oder mehreren Schichten Kleidung gegen die Kälte behelfen müssen, ein besonderer Kraftakt. "Manche chronisch kranke Patienten kommen unregelmäßig in die ESA", erzählt Krankenpflegerin Sr. Theresia Förster. "Manche können die Wartezeiten nicht gut einhalten. Wieder andere sind der Ansicht, dass sie nichts brauchen. Wir geben ungern nur die Tabletten mit, meistens drängen wir darauf, dass der Betroffene auch einen Arztkontakt wahrnimmt. Aber diese Geduld bringen nicht alle auf." Um chronische Kranke, die auf der Straße leben, besser versorgen zu können, hat die ESA daher aus ihrer täglichen Arbeit heraus drei Wünsche formuliert:
- Aufenthaltsräume für Patienten, um den Tag ihren medizinischen Anforderungen und Erfordernissen entsprechend anzupassen.
- Patienten müssen kurzfristig untergebracht werden können, wenn sie nicht stabil genug sind, um sich auf der Straße durchzuschlagen.
- Langzeitpflegeplätze, um Patienten mit besonderen Bedürfnissen rund um die Uhr betreuen zu können.