„Mitgestalten und persönliche Kompetenzen einbringen, das ist mir wichtig“
Wo und wie engagieren Sie sich Frau Munde?
Angefangen habe ich 2019 im Tagesaufenthalt Lisbethtreff, ein Treffpunkt für Frauen in Not. Der Lisbethtreff ist ein Ort der Begegnung, Versorgung und Wertschätzung. Hier können sich Frauen ausruhen, die Duschen nutzen, Kaffee/Tee trinken, das Beratungsangebot wahrnehmen, Kleidung erhalten und an Freizeit- und Kulturangeboten teilnehmen. Bis zum ersten Corona-Lockdown habe ich hier im Cafébetrieb und bei der Gestaltung von Aktivitäten/Events mitgewirkt.
Im Frühjahr 2020 bin ich dann in den Tagesaufenthalt Bärenstraße gewechselt. Im Vordergrund des Angebots steht hier die Grundversorgung, d. h. von einer warmen Dusche über gutes Essen bis bin zur Handyladestation werden viele Bedürfnisse abgedeckt. In den Wintermonaten können die Gäste auch in der Bärenstraße übernachten. Der Dreh- und Angelpunkt der Einrichtung ist die Küche, die auch mein Einsatzfeld als ehrenamtliche Mitarbeiterin ist. Dreimal am Tag bereiten die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen gemeinsam mit den Maßnahmeteilnehmer*innen des Jobcenters reichhaltige Mahlzeiten zu und geben diese gegen einen geringen Unkostenbeitrag aus. Zurzeit arbeite ich donnerstags von 14.30 bis etwa 19.00 Uhr in der Küche bei der Menüausgabe mit. Es ist tatsächlich ein Menü. Im Rahmen der Ausgabe ist es mir besonders wichtig, den Servicegedanken zu leben, sprich nicht nur Essen auszugeben, sondern auch nach den Vorlieben zu fragen, das Tablett anzurichten und die Besucher*innen als zahlende Gäste, nicht vordergründig als Bedürftige, anzusprechen.
Wie kamen Sie zu Ihrem Ehrenamt? Was hat Sie motiviert?
Aufgrund beruflicher Veränderungen hatte ich Zeit und Energie für ein Ehrenamt. Ich habe mich gefragt, was mich interessiert, was mir Freude bereitet, ganz losgelöst von der Notwendigkeit damit Geld zu verdienen. Zudem habe ich mir überlegt, was mir im Ehrenamt wichtig ist: Das Einsatzfeld soll zu meinem christlich geprägten Werteverständnis passen, es soll sinnvoll sein und die eigene Wirksamkeit erleben lassen. Dann habe ich mich im Bürgerinstitut ausführlich beraten lassen und der Lisbethtreff hat mich sofort interessiert, da ich nicht damit gerechnet habe, dass es speziell für Frauen in Not ein solches Angebot gibt. Das Konzept - ein geschützter Raum, der Austausch bietet von Frau zu Frau - hat mich sehr angesprochen, da Frauen in Not eine andere Bedürfnislage haben und das Leben auf der Straße für sie nochmal härter ist.
Wie sah die Einarbeitung aus?
Im Lisbethtreff hat mir die Einrichtungsleitung das "geistige Fundament" der Einrichtung erklärt und in den Cafébetrieb bin ich vor allem durch das ehrenamtliche Team eingearbeitet worden. In der Bärenstr. erfolgte die Einarbeitung durch das hauptamtliche Küchenteam. Ich bin als ehrenamtliche Mitarbeiterin gut ins Team eingebunden, das einander jederzeit kollegial unterstützt.
Welche Erfahrungen haben Sie bis jetzt in Ihrem Ehrenamt gemacht?
Wichtig ist für mich die Möglichkeit, mitgestalten und auch persönliche Kompetenzen einbringen zu können. Die Einrichtungsleitung, das hauptamtliche Team insgesamt, ist da offen für Ideen und Vorschläge. Diese Erfahrung konnte ich in beiden Einrichtungen machen.
Bei meiner Tätigkeit an der Ausgabe und im Austausch mit den Kolleg*innen des Sozialdienstes konnte ich z. B. Optimierungspotenzial bei der Erfassung, Auswertung und Aufbereitung der nachgefragten Versorgungsleistungen erkennen. Bis dato werden dafür analoge Listen geführt, in denen die Leistungen manuell erfasst, berechnet und ausgewertet werden. Das ist praktikabel, aber auch zeitaufwändig und mitunter fehleranfällig. Hier liegt eine Chance in der Digitalisierung und Automatisierung. Dafür erstelle ich derzeit ein kleines IT-Tool, mit dem die elektronisch erfassten Leistungen dann auch statistisch ausgewertet und graphisch dargestellt werden können.
Nun hoffe ich, das Tool besteht den Testlauf in den kommenden Monaten und ermöglicht im Wirkbetrieb den Mitarbeitenden dann tatsächlich auch etwas mehr zeitlichen Freiraum für die so wichtigen Informations- und Beratungsleistungen.
Was war bislang Ihr schönster Moment im Ehrenamt?
Es gibt immer wieder viele schöne kleine Momente, z. B. wenn sich Gäste gegenseitig zum Kaffee einladen. Prinzipiell ist es natürlich schön zu erleben, wenn das Angebot geschätzt wird und das eigene freundliche Auftreten von den Gästen zurückgespiegelt wird. Klar gibt es auch herausfordernde Situationen. Hier hilft es, eine gewisse Resilienz mitzubringen oder diese zu entwickeln. Wenn mich eine Situation mit einem Gast tatsächlich mal überfordert, dann habe ich immer die Möglichkeit, eine*n hauptamtliche*n Kolleg*in hinzuziehen, welche*r dann übernimmt. Freude macht mir auch in einer Einrichtung tätig zu sein, in der das Motto "Menschenstärken" in der Stärkung von Körper, Geist und Seele der Gäste gelebt wird.
Wie können Sie von Ihrem Ehrenamt profitieren? Was gibt Ihnen Ihr Ehrenamt zurück?
Es ist ein tolles Gefühl, die eigene Zeit und Energie für Sinnvolles einzusetzen und dabei den Freiraum zu haben, den Rahmen zu definieren. Auch das Erleben der eigenen Wirksamkeit motiviert mich sehr. Es gibt kaum einen Abend, an dem ich nicht beschwingt nach Hause gehe. Ich schätze in meinem Ehrenamt auch, dass ich Menschen in Not auf eine andere Art und Weise als beispielsweise auf der Straße begegnen kann: hier sind sie zahlende Gäste, der Blick auf ihre Bedürftigkeit ist sehr lebensnah ohne in eine aufopfernde Rolle zu verfallen. Von den hauptamtlichen Kolleg*innen kann man sich auch einiges abschauen, wenn man unsicher ist, wie man Menschen in Not begegnet: die Begegnungen basieren auf Respekt, Wertschätzung und Verbindlichkeit, der Gast wird als Persönlichkeit wahrgenommen. Gleichzeitig wird aber auch Respekt gegenüber den Mitarbeiter*innen eingefordert.
Was empfehlen Sie ehrenamtlich Interessierten? Wie findet man ein passendes Ehrenamt? Ich kann empfehlen eine offene Bilanz mit sich selbst zu machen: was möchte ich gerne tun, was kann ich einbringen, wo liegen meine Stärken und Schwächen, welche Tätigkeiten/Inhalte machen mir Spaß. Hierbei kann man radikal ehrlich zu sich sein, da man mit dem Ehrenamt kein Geld verdienen muss. Ein Schnuppertag ist sehr sinnvoll, um wichtige Fragen zu klären sowie um herauszufinden, ob man mit dem Team harmoniert. Man muss sich selbst im Ehrenamt erleben, um final einschätzen zu können, ob es passt.