50 Jahre in die Zukunft
Flexibel, innovativ, zuverlässig und offen für alle - das ist die Eltern- und Jugendberatung Stadtmitte (EB) inzwischen seit 50 Jahren. Seit Gründung der Einrichtung am 25. Januar 1971 stehen die Kinder, Jugendlichen und ihre Eltern im Mittelpunkt der Beratung. Das Jubiläum konnte wegen der Corona-Pandemie nicht gefeiert werden, soll aber mit den Mitarbeiter*innen nachgefeiert werden.
Das Angebot der Beratungsstelle hat sich stetig weiterentwickelt. Insbesondere der Wandel in den familiären Strukturen hat die Arbeit vor Ort über die Jahre hinweg immer wieder geprägt. Während sich 1998 eine Kollegin konstatierte, dass sich fast ausschließlich Mütter an die Beratungsstelle wandten, sind es seit 2000 wesentlich mehr Väter, die Beratung suchen. Das liegt auch daran, dass Anfragen rund um das Thema Scheidung und Trennung deutlich zugenommen haben. Väter sind zunehmend daran interessiert, am Erziehungsalltag ihrer Kinder teilzunehmen. Das Thema Trennung hat sich zu einem Schwerpunkt der Einrichtung entwickelt: In mehr als 50 Prozent der Anfragen ist dies der Anlass für die Beratungen.
Was sich nicht verändert hat, ist die Vielfältigkeit der Probleme der Familien, die die Elternberatung aufsuchen: Entwicklungsauffälligkeiten der Kinder, soziale oder emotionale Probleme, Vereinsamung von Familien, Armut, Schwierigkeiten in Schule oder Kita, Überlastung/Traumatisierung der Eltern, Todesfälle oder schwere Erkrankungen von Eltern oder Kindern, Vernachlässigung oder Gewalterfahrung, sexueller Missbrauch. Dieses breite Spektrum fordert eine hohe fachliche Kompetenz von den Mitarbeiter*innen und eine gute Vernetzung innerhalb der Caritas und in der Stadt.
Beratungsschwerpunkt: Trennung und Scheidung
Diesem Beratungsschwerpunkt wird in der Erziehungsberatungsstelle Stadtmitte mit unterschiedlichen Angeboten Rechnung getragen: Mit dem Projekt "Beschützter Umgang", der Konfliktregulierenden Beratung, den Gruppen für Kinder aus getrennten Familien sowie dem Kurs "Kinder im Blick" für Eltern nach Trennung und Scheidung.
Den Einstieg in die Unterstützung von Eltern und Kindern bei der Realisierung von Umgängen machte die Beratungsstelle bereits in den 90-er Jahren. Durch das Angebot werden Väter und Mütter bei der Gestaltung ihrer Begegnungen mit den Kindern, die nicht mehr dauerhaft bei ihnen leben, unterstützt. Zugleich wird den Elternteilen geholfen, zum Wohl der Kinder zusammenzuarbeiten. Die Nachfrage nach Beschütztem Umgang nahm über die Jahre stetig zu. Durch die Umsetzung des reformierten Kindschafts- und Familienrechts nach 1998 haben Kinder einen gesetzlichen Anspruch auf Unterstützung durch die Jugendhilfe, um Umgang mit beiden Elternteilen zu haben.
Für Eltern, bei denen z. B. im Rahmen einer Trennung strittige Sorge- und Umgangsrechtsverfahren laufen, bietet die EB Stadtmitte die "Konfliktregulierende Beratung". Dabei werden konkrete Lösungen für die andauernden Konflikte der Eltern erarbeitet, mit dem Ziel, aus der Streitspirale herauszukommen.
Häufig sind bei Partnerschaftskonflikten oder Trennungen Kinder besonders belastet. Sie müssen neue Kompetenzen erlernen, um mit der großen Veränderung in ihrem Lebensalltag umzugehen. Die fortlaufende Trennungsgruppe begleitet und unterstützt die Kinder in diesem Prozess. "Das hier (die Trennungskindergruppe) ist für mich der schönste Termin in der Woche!", so ein Teilnehmer der Trennungskindergruppe.
Der Elternkurs "Kinder im Blick" richtet sich wiederum an Mütter und Väter, die bereits getrennt leben. Hier geht es vorrangig darum, kontinuierlich Konfliktmuster und Fallen in der Kommunikation besser zu erkennen und zu reflektieren und neue Formen der Elternkommunikation zu erlernen. Zudem wird der Blick auf die Situation von Trennungskindern erweitert und geschärft, um die Beziehung zum Kind weiterhin positiv zu gestalten und dieses in seiner Trennungsnot angemessen zu unterstützen.
Beratung in Kindertagesstätten und Schulen
Die Eltern- und Jugendberatung ist im Programm "Besonderer Förderauftrag" in Kindertagesstätten aktiv. In Stadtteilen mit einem hohen Anteil an sozial benachteiligten Familien, bietet es zusätzliche Bildungs-, Förder- und Unterstützungsangebote für Kinder, Eltern und Mitarbeitende in Kindertagesstätten.
Die Mitarbeiter*innen der Beratungsstelle gehen mit präventiven Angeboten in Einrichtungen vor Ort. Mit dem Angebot "Hospitation in der Gruppe" gelingt es, Kita-Mitarbeiter*innen schnell und unbürokratisch zu unterstützen. Zudem gibt es "Schulsprechstunden" für Schüler*innen und Lehrer*innen in der Musterschule und in der Ludwig-Börne-Schule sowie ein kunsttherapeutisches Gruppenangebot in der Karmeliterschule. In einer Unterkunft für Geflüchtete begleitet das Team einen Frauentreff.
Immer wichtiger wird die Kooperation und Vernetzung mit anderen Einrichtungen im Stadtteil sowie mit den Sozialrathäusern.
Muttersprachliche Beratung und interkulturelle Kompetenz im Team
Eine Besonderheit der Einrichtung ist das Angebot der muttersprachlichen Beratung in polnisch, italienisch und spanisch. Seit den 90er Jahren legt die Beratungsstelle einen besonderen Schwerpunkt auf die interkulturelle Kompetenz im Team. Mit Mitarbeiter*innen, die italienisch und spanisch sprechen, oder mit Honorarkräften, die arabisch und portugiesisch sprechen, gelingt es, Eltern ein muttersprachliches Angebot zu machen. Auch das Team profitiert in den Fallbesprechungen von der Diversität und dem Wissen um kulturelle Besonderheiten. Seit etwa 15 Jahren steigt der Anteil von Menschen aus den verschiedensten Kulturen in der Beratungsstelle an. Es kommen Menschen aus allen Erdteilen.
Grundlage der Arbeit der Einrichtung ist das christliche Wertesystem: Im Zentrum steht der Dienst für die Würde und die Lebensmöglichkeiten aller Menschen in ihrer Einzigartigkeit.
Das Team besteht aktuell aus 40 Personen, zum Kernteam gehören neun, die weiteren sind Begleitpersonen und Ehrenamtliche. Die Einrichtung ist mit dem Qualitätssiegel der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung zertifiziert.
Ausblick - Herausforderungen in der Zukunft
Die vergangenen Monate haben aufgrund der Corona-Pandemie besondere Herausforderungen mit sich gebracht. Bereits seit 2018 bietet die EB Online-Beratung, die im letzten Jahr vermehrt genutzt wurde. Aus der Perspektive der Klienten ist dies ein niedrigschwelliger, zeitlich und räumlich flexibler Zugang zu Beratung, insbesondere erreicht man hiermit Jugendliche. Onlineberatung ist ein Beratungsformat, welches neben einem erleichtertem Zugang für Ratsuchende eigene Beratungsqualitäten beinhaltet. Durch den möglichen Übergang in face-to-face Beratung entstehen Synergieeffekte, die genutzt werden können. Persönliche Beratungen konnten unter Einhaltung der besonderen Hygienestandards aber durchgehend weiterhin angeboten worden.
Zu erwarten ist, dass die Beratungsstelle von neuen Problemlagen und Fragestellungen der durch die Corona-Pandemie hochbelasteten Kinder und Jugendlichen betroffen sein wird.