„ Gemeinsam nicht einsam – alle für alle“
Die Leiterin Christine Resinek ist stolz auf den Zusammenhalt und die Gemeinschaft, auf die man sich auch in anstrengenden Lockdownzeiten verlassen konnte.
"Die Mädchen mussten viele Wechsel in Kauf nehmen - aufgrund von Schwangerschaft und Betretungsverbot für Risikogruppen wegen Corona fielen von heute auf morgen Mitarbeiter*innen aus. Damit war plötzlich die Bezugsperson für einige unserer Mädchen weg", berichtet Christine Resinek. "Dazu ging Essen zeitweise nur noch nach Plan, weil sich in der Küche nur vier Personen gleichzeitig aufhalten durften und Gruppentreffen hybrid oder nur noch ‚einzeln‘ stattfinden konnten. All das mussten die Mädchen aushalten - und alle Veränderungen haben sie mit viel Geduld und Verständnis akzeptiert."
Einzelgespräche und Kreativität - die neue Basis des pädagogischen Konzepts
Nach all diesen Monaten mit enormen Einschränkungen ist Christine Resinek optimal vorbereitet auf Umstrukturierungen im Haus oder die Neuorganisation im Zusammenleben großer Gruppen: "Für mich steht an erster Stelle, Möglichkeiten zu finden, mit den Mädchen in Diskussion zu gehen und ihre Sicht in Entscheidungen mit einzubeziehen. Die kollegiale Beratung und Supervision geht daher neue Wege. Beispielsweise haben wir während eines hybriden Gruppentreffens den Laptop auf eine Kuchenplatte gestellt, um die Kamera rumschwenken zu können. So konnten sich alle am Gespräch beteiligen. Das sind so Kleinigkeiten, die uns gemeinsam eingefallen sind." Um Gemeinschaft trotz Gruppenverbot herzustellen, findet gemeinsames Eis essen eben nicht mehr in der Eisdiele, sondern verteilt im Haus statt und die Weihnachtsfeier im Garten bei heißem Tee. "Die Pädagog*innen sind immer darauf bedacht, die Hygieneregeln, z. B. beim Treffen mit Freund*innen außerhalb der Wohngemeinschaft, ins Gespräch zu bringen, um nicht nachlässig zu werden. Das fruchtet bei vielen Mädchen bis heute."
Gemeinsame Umorientierung - neue Formen der Kommunikation
"Eines der größten Herausforderungen für uns als Mitarbeiter*innen und für die Mädchen waren die positiven Corona-Fälle und die damit verbundene Zimmerquarantäne für insgesamt fünf Bewohnerinnen. Weil wir unbedingt sicherstellen wollten, dass die Mädchen wenigstens in ihrem Zimmer wohnen bleiben können, organisierten wir das gesamte Haus um - jede Infizierte und jedes sich in Quarantäne befundene Mädchen musste ein eigenes Badezimmer bekommen. Ad hoc haben wir daher einen "Lageplan" erstellt, Umzüge einiger Mädchen in einen anderen Stock organisiert, Badezimmer zugeteilt und Lösungen dafür gefunden, wie wir die Verpflegung der in Zimmerquarantäne befindlichen Mädchen garantieren konnten."
Durch all diese Ereignisse hat das Miteinander im Haus für Christine Resinek eine neue Qualität bekommen. Dieser nicht immer leichte Prozess hat sie sehr berührt: "Für die anderen Mädchen war klar, dass sie sich um die Essensverteilung für die in Quarantäne befindlichen Mitbewohnerinnen kümmern und dafür sorgen, immer digital miteinander im Austausch zu bleiben, damit alle die Situation gut meistern konnten."
Alle sitzen im gleichen Boot
Nähe und gegenseitige Begleitung oder Betreuung haben in der Pandemiezeit einen neuen Stellenwert bekommen. "Die Freundschaften innerhalb des Hauses wurden nochmal deutlicher und fester. Zudem sehen wir, dass alle Mädchen Verantwortung füreinander übernehmen. Der Gemeinsinn ist sehr hoch - keine trifft unvorsichtig Freund*innen außerhalb des Hauses, weil jede darauf achtet, ihre Mitbewohnerinnen nicht zu gefährden", betont Resinek. "Die Mädchen schubsen sich gegenseitig an und setzen das Allgemeinwohl in den Vordergrund. Wir sind ein Haushalt und dessen sind sich alle bewusst. Mein Verhalten beeinflusst nicht nur mich."
Christine Resinek ist die Leiterin des Jungendwohnverbunds für Mädchen, dem auch das Haus Ursula
zugehört. Im Betreuten Wohnen der Einrichtung werden aktuell von zwölf Pädagoginnen, einem Koch
und Reinigungskräften 18 Mädchen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren, die aus verschiedenen Gründen nicht bei ihren Familien wohnen können, betreut. Sie leben für einen bestimmten Zeitraum in einer der beiden Wohngruppen. Jedes Mädchen hat eine feste Bezugspädagogin oder einen Bezugspädagogen in ihrer Gruppe, mit der*dem Probleme und Fragen aus dem Alltag besprochen und Zukunftspläne entwickelt werden können.