Der Blick von innen
Mein Name ist Karim Baktash. Ich lebe seit meiner Kindheit in Deutschland. Meine Eltern sind aus Afghanistan vor einem tödlichen Krieg geflohen. Ich kann Paschtu nur gebrochen sprechen. Ich fühle
mich als Deutscher, habe es aber zum richtigen Zeitpunkt verpasst, die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen.
Mir ging es mal richtig gut. Aber dann hatte ich Beziehungsschwierigkeiten. Wir haben uns getrennt.
Das war ganz schlimm für mich. Ich war total fertig. Ich konnte nicht mehr essen, nicht mehr schlafen. Erst war alles grau um mich, dann schwarz, tiefschwarz. Ich war in einem Loch. Ich konnte mich um nichts mehr kümmern. Alles war anstrengend, schrecklich anstrengend. Und dann ging nichts mehr.
Wenn ich dann was getrunken und geraucht habe, fühlte es sich viel leichter an.
Meine Partnerin ist mit unserem Kind in der Wohnung geblieben. Ich bin ausgezogen, aber wohin? Erst mal zu einem Freund. Aber der hatte nur eine kleine Wohnung, und der Vermieter hat das auch nicht gerne gesehen. Da bin ich da weg. Ich wollte nicht, dass der Schwierigkeiten kriegt. Irgendwann hatte ich alle Freunde durch und immer noch keine Wohnung. Ich hatte keine Kraft mehr, so bin ich auf der Straße gelandet.
Dass ich keinen Kontakt mehr zu meinem Kind habe, schmerzt mich sehr. Das Leben auf der Straße ist
schwer, manchmal kaum zu ertragen. Manchmal fühle ich mich auch frei, wie ich es sonst nie sein könnte. In jedem Wohnheim gibt es Regeln und Vorschriften. Immer ist da jemand, der mir sagt, was ich tun und was ich lassen soll. Immer werde ich gefragt, ob ich was konsumiere. Da rede ich nicht gerne drüber. Früher habe ich viel eingeschmissen. Jetzt nicht mehr so. Aber dann geht es mir nicht so
gut. Manchmal fühle ich mich sehr schlecht. Ganz tief innen drin. Manchmal ertrage ich das Leben
nur betäubt. Ich habe keine Hoffnung mehr.
In die Beratungsstelle CASA 21 gehe ich, weil ich da meine Post bekomme. Alle sind ganz freundlich. Aber auch da gibt es Regeln und immer Termine, Termine. Ich bin sicher, die wollen mir helfen, wollen, dass es mir wieder besser geht, aber manchmal will ich einfach nur meine Ruhe. Ich kann mich dann
nicht konzentrieren. Ich sehe, dass man zu mir spricht, aber die Worte rauschen an mir vorbei. Ich kann sie nicht fassen. Dann werde ich unruhig und sauer. Dann hasse ich alle, aber vor allem mich.
Was kann ich tun?