Archiv Vincenzhaus
Rückblick auf vergangene Ereignisse
Das Vincenzhaus berichtet regelmäßig über wichtige Aktionen und Ereignisse. In diesem Archiv finden Sie einen Überblick über interessante Themen rund um die Einrichtung.
Ehemalige Heimkinder erheben Vorwürfe
15 ehemalige Heimkinder melden sich
Harte Strafen, Gewalt und Misshandlung im Vincenzhaus
23. März 2010: Beim Caritasverband Frankfurt haben sich in den letzten zwei Wochen weitere ehemalige Heimkinder gemeldet, die im Kinderheim Vincenzhaus in Hofheim gelebt haben. Bis Dienstag (23. März) gab es 15 Rückmeldungen, zwei davon Frauen.
"Ich bin tief bewegt von den Gesprächen mit ehemaligen Heimkindern, die unserem Appell gefolgt sind, damit wir die Vorgänge in der 50er und 60er Jahren aufklären können", sagt Caritasdirektor Hartmut Fritz. Zwei der Schilderungen beziehen sich auch auf Gewalterfahrungen in den 80er Jahren. "Ich werte die Offenheit, mit der uns berichtet wurde, als Zeichen großen Vertrauens, für das ich dankbar bin", so Fritz.
Die ehemaligen Heimkinder haben per Mail, am Telefon und in Briefen ihre Erlebnisse geschildert. Sechs von ihnen folgten der Einladung zu einem Besuch im Vincenzhaus. Viele berichten über harte Strafen, Gewalt und Misshandlung, zwei schildern sexuellen Missbrauch. Die Hinweise auf sexuellen Missbrauch konzentrieren sich auf einen ehemaligen Mitarbeiter, der mutmaßlich Anfang der 60er Jahre im Vincenzhaus beschäftigt war. "Seinen Namen kennen wir noch nicht, hier müssen wir dringend weiter aufklären", erläutert der Caritasdirektor. "Die Differen-ziertheit der Erinnerungen trotz der lange zurückliegenden Ereignisse ist beeindruckend", hebt Fritz hervor. Es gebe auch drei ehemalige Heimkinder, die ausschließlich positive Erinnerungen an ihre Zeit im Vincenzhaus haben.
"Es tut mir sehr leid, dass Kinder im Vincenzhaus Gewalt und sexuellen Missbrauch erleben mussten", erklärt Fritz. "Ich entschuldige mich ausdrücklich bei allen Opfern und bitte um Verzeihung für das Leid, das ihnen im Vincenzhaus zugefügt wurde." Mit dem bisher zusammengetragenen Material wird der Caritasverband Frankfurt das Gespräch mit der Staatsanwaltschaft suchen.
Die Caritas bietet weiterhin allen Betroffenen Gespräche und Besuche im Vincenzhaus an. Zeitzeugen können Kontakt aufnehmen unter der Telefonnummer 069 2982-142.
Hoher Besuch im Vincenzhaus
Jürgen Banzer, hessischer Minister für Arbeit, Familie und Gesundheit, lobt die Arbeit der Caritas-Einrichtung und verspricht Unterstützung.
Montagmorgen, 31. August 2009 - das Kinderheim Vincenzhaus in Hofheim, eine Einrichtung des Caritasverbands Frankfurt, erwartet hohen Besuch: Die Kinder sind schon ganz aufgeregt - sie wissen: Heute kommt der hessische Sozialminister, Herr Jürgen Banzer, zu uns!
Der Empfang wird lautstark: Die Trommelgruppe aus dem Vincenzhaus tritt auf. Die Kinder geben den Takt vor, und ihr Rhythmus kommt an. Die Gäste sind begeistert, es gibt einen langen Applaus.
Danach beginnt ein Rundgang über das Gelände des Kinderheims, Minister Banzer will sich in der Einrichtung umsehen. Mit dabei sind Caritasdirektor Hartmut Fritz, Abteilungsleiter Frank Keßler-Weiß, Heimleiterin Christiane Leonhardt-Içten, der stellvertretende Heimleiter Eckhard Döppeler und eine Journalistin vom "Kreisblatt" mit Notizblock und Kuli.
Um dem Minister einen Überblick über das vielfältige Angebot der Jugendhilfeeinrichtung zu geben, geht es zunächst in zwei der heilpädagogischen Heimgruppen, über den Sportplatz zur therapeutischen Wohngruppe, und nach einem Abstecher in die Kapelle zur Heimschule des Vincenzhauses, wo Schulleiterin Marianne Riemke Minister Banzer herzlich begrüßt.
Bei seiner Runde durch die Heimgruppen war der Minister natürlich keinen Kindern begegnet, die waren alle in der Schule. Als er in die erste Klasse kommt, wird er sofort mit Fragen bestürmt. "Haben Sie auch einen Bodyguard?", fragt ein Junge. Darauf der Minister: "Den brauche ich nicht, mich trägt man nicht so leicht weg." Ein Mädchen fragt: "Haben Sie eine Limousine?" Auch das muss Herr Banzer verneinen. Und noch viele Fragen beantworten. Denn die Kinder freuen sich, einmal einen Politiker "zum Anfassen" zu erleben, einen, den man befragen kann und der sich für sie interessiert.
Der Minister hat sich auf seinen Besuch in der Caritas-Einrichtung gut vorbereitet. Nicht nur die Kinder stellen viele Fragen, auch Jürgen Banzer nutzt die Möglichkeit, sich ausführlich über die Situation in der stationären Jugendhilfe zu informieren. Er lobt die engagierte Arbeit im Vincenzhaus. Das Mitarbeiterteam ist positiv überrascht vom Interesse des Ministers. "Wir freuen uns natürlich über die Anerkennung und Wertschätzung unserer Arbeit", sagt Heimleiterin Christiane Leonhardt-Içten. "Zumal doch in der Öffentlichkeit meist keine Rede ist vom pädagogischem Engagement der Mitarbeiter und den Erfolgen der Kinder- und Jugendhilfe, sondern vor allem von den hohen Kosten."
Wer den zuständigen Minister im Haus hat, muss die Gelegenheit nutzen, auch seine Wünsche loszuwerden. Heimleiterin Christiane Leonhardt-Içten erklärt Jürgen Banzer, wo sie in ihrer Einrichtung noch Verbesserungsbedarf sieht: "Ein Herzenswunsch von uns ist es, die Therapeutische Wohngruppe aufzustocken und so mehr Räume zu schaffen, vor allem ein gemütliches Wohnzimmer für die neun Kinder, die dort leben. Zurzeit geht es dort doch sehr beengt zu." Jürgen Banzer hat dafür Verständnis, er hat gleich bemerkt,: "dass das wirklich nicht so gut aussieht wie in den anderen Häusern." Er fragt, ob der nötige Antrag an das Land schon gestellt ist, und ermutigt die Heimleiterin, das zu tun. Dass das Ministerium die Arbeit des Vincenzhauses schätzt, ist auch daran ablesbar, dass das Land Hessen in den vergangenen sieben Jahren die Baumaßnahmen in drei Heilpädagogischen Heimgruppen mit 800.000 Euro unterstützt hat. Minister Banzer ist sich sicher: "Hier sind unsere Fördermittel gut angelegt".
Heimat - was ist das?
Jeder Mensch trägt seine ganz eigenen Heimatgefühle mit sich.
Im Heilpädagogischen Kinderheim der Caritas in Hofheim, dem Vincenzhaus, ist die Elternarbeit ein wichtiger Baustein. In den Heimgruppen gibt es im Wechsel Einzelgespräche und Gruppenarbeit mit den Psychologinnen und Psychologen. Während in den Einzelgesprächen individuelle und eher intime Themen beredet werden, setzt die Gruppenarbeit an allgemeinen Erziehungsfragen an, vermittelt wichtiges Wissen oder fördert den Austausch der Eltern untereinander. Das ist gar nicht so einfach, denn die kulturellen, sprachlichen und religiöse Unterschiede sind groß und machen das gegenseitige Verständnis oft schwierig. In der heilpädagogischen Gruppe B mit neun Kindern sind zum Beispiel Eltern aus fünf verschiedenen Nationen vertreten. Die Gruppe befasste sich daher mit dem Thema "Was ist Heimat?"
Schon die Vorbereitungen zu diesem Treffen bereiteten allen viel Spaß und regten zu vielen Gesprächen an. Jedes Kind malte und bastelte die Fahnen der Nationen, aus denen seine Eltern stammen. Die Fahnen wurden im Gruppenraum auf verschiedenen Tischen aufgestellt. Die Eltern brachten dann Fotos aus ihrer Heimat mit, von früher und heute. Heimatgefühle wurden auch mit Musik geweckt. Die Eltern brachten Klänge der verschiedenen Kulturen auf CD mit. Und es gab köstliche Speisen, vom Frankfurter "Schneegestöber" über typisches Gebäck aus einem deutschen Dorf bis zu pikanten und süßen Köstlichkeiten aus der Türkei und aus Marokko. All das ist ein kleiner Teil "Heimat" für jeden Menschen.
Eltern und Kinder berichten den anderen, was sie am stärksten mit ihrer Heimat verbindet, was ihnen am meisten am Herzen liegt. Alle hatten etwas zum Thema beizutragen. Sonst eher schüchterne Eltern erzählten lebendig und mitreißend von ihrer Heimat. Die anderen hörten mit großer Aufmerksamkeit zu. Es war zu spüren, dass die Verbundenheit mit der Heimat und mit den eigenen Wurzeln, Selbstbewusstsein und Stärke gibt.
Dabei waren die Heimatgefühle in der Gruppe ganz verschieden. Es wurde viel nachgefragt. Man staunte, welch riesige Distanzen manche von ihrer alten Heimat trennen. Aber schon eine vergleichsweise kleine Umsiedlung, z. B. vom Ruhrgebiet ins Rhein-Main-Gebiet, kann Heimweh auslösen und als große Entfremdung empfunden werden. Es gab in der Gruppe auch Menschen, die ihren Geburtsort nie verlassen haben und bis heute dort leben.
Das Thema "Heimat" hatte alle gepackt und das gegenseitige Interesse und den Zusammenhalt in der Gruppe gestärkt. Eltern und Kinder begegnen sich jetzt mit mehr Verständnis. Nun sind alle gespannt, wie es mit der Gruppe weitergehen wird.
Birgit Pinschmidt
Familientag im Vincenzhaus
Eltern und Kinder der Gruppe C auf Wanderschaft
Einmal im Jahr gibt es im heilpädagogischen Kinderheim Vincenzhaus in Hofheim in jeder Heimgruppe einen "Familientag". Die Familientage sind ein wichtiger Bestandteil der Elternarbeit, für manche sind sie sogar der Höhepunkt des Jahres. Denn es wird immer eine ganz besondere Unternehmung geplant. Nachdem in den vergangenen Jahren ein Ruderverein und ein Familiengarten besucht wurden und im Vincenzhaus ein Grillfest, ein Theaterworkshop und ein "Psychomotoriktag" stattfanden, sollte es diesmal ein ganz besonderes Naturerlebnis werden: Ein Rosengarten war das Ziel, zu dem es sich auf grünen Pfaden in lieblicher Landschaft angenehm wandern ließ. Mit einem Quiz, das die Gruppe auf dem ganzen Weg begleitete, wurde ihre Aufmerksamkeit auf die Besonderheiten der Umgebung und der Landschaft gelenkt.
Am Bahnhof in Hattersheim ging es los. Bei mildem Wanderwetter spazierten Eltern und Kinder zunächst auf dem Schwarzbachplanetenwanderweg bis zu einem Tiergehege und von da zum Rosarium, einem liebevoll angelegten Rosengarten zwischen Hattersheim und Okriftel, wo eine längere Rast eingelegt wurde. Nach einer weiteren kurzen Etappe erreichte die Gruppe ihr letztes Ziel, die Abenteuerspielplätze in Okriftel, die nun ganz nach dem Geschmack der Kinder waren. Endlich konnten sie sich austoben! Stärkung brachte danach ein gemeinsames Picknick.
Am Abend holte ein Bus die Gruppe ab und brachte alle zurück zum Hattersheimer Bahnhof, wo sich strahlende und zufriedene Eltern und Kinder in ein wohlverdientes Besuchswochenende verabschiedeten. Auch dieser Familientag war ein schönes Erlebnis für alle. Eins war klar: Auch im nächsten Jahr muss es wieder einen geben. Die Planungen haben schon begonnen für den Familientag 2009.
Blaue Daumen im Vincenzhaus
Hämmern, sägen, hobeln als erlebnispädagogisches Projekt
Handwerken macht Spaß! Das war drei Tage das Motto der Therapeutischen Wohngruppe im Vincenzhaus, wo unter Anleitung von Schreinermeister Wolfgang Spinnler mit den Kindern eine neue Küche eingebaut wurde. Die Küche ist der zentrale Punkt der Wohngruppe, wo alle Mahlzeiten eingenommen werden. Die Kinder lernten, wie man mit Holz, Säge, Hobel, Hammer und Nägeln selbst seine Wohnung gemütlich gestalten kann. Und nun genießen sie voller Stolz das Gefühl, in "ihrer" neuen Küche zu sitzen, die sie selbst gebaut haben. Die alte Küche in der Therapeutischen Wohngruppe des Vincenzhauses war geräumig und praktisch, hatte aber einige Nachteile: In dem großen Raum gab es starke Halleffekte. Häufig konnte man sich bei der Unterhaltung am Tisch nicht mehr verstehen, wenn alle Kinder gleichzeitig von den Ereignissen des Tages berichten wollten. Außerdem wirkte die Einrichtung durch die Kunststoffoberflächen eher ungemütlich. Durch die Verwendung von Naturhölzern, mit einem Baldachin über dem Tisch sowie einer gemütlichen Eckbank sollte in der neuen Wohnküche eine anheimelnde und einladende Atmosphäre entstehen.
Das ist geglückt, die neue Küche kann sich sehen lassen: Zwei naturbelassene Baumstämme dienen jetzt als Stützpfeiler für die Deckenverkleidung. Mit dem Hobel schleiften die Kinder die neue Sitzbank ebenso wie den selbst gebauten Tisch ordentlich glatt und halfen beim Zusammenschrauben. Auch die Regale wurden von den Kindern montiert. Hämmern, sägen und hobeln machte den Kindern großen Spaß, wenn es auch mal einen blauen Daumen gab. Von der ersten Planung über die kreative Gestaltung bis zur praktischen Umsetzung waren die Kinder an allen Schritten beteiligt.
Das Selbermachen und Ausprobieren war besonders wichtig. Wenn die Kinder jetzt in ihrer gemütlichen neuen Küche zusammensitzen, tun sie das mit dem Gefühl: Das haben wir gemacht! Diese gute Erfahrung wird auch in ihrem künftigen Leben weiterwirken. Denn sie haben konkret erlebt, wie man eine schwierige Aufgabe erfolgreich meistert. Sie wissen jetzt, was sie können.