Neues von der Mädchenwohngruppe Riederwald
Liebe Leser, wir beginnen heute eine kleine Reihe mit der Überschrift:
„Einblicke in den pädagogischen Alltag im Heim“
die Ihnen die erfahrene Pädagogin Doris Wende ermöglicht.
Der erste Beitrag handelt von "Glücksmomenten mit Emily" (Pdf-Datei, 385 kB)
Der zweite Beitrag "Rollenspiele oder sag Svetlana zu mir" beschreibt den Pädagogen-Alltag in Zeiten grassierender Noro-Viren (Pdf-Datei, 160 kB)
Der dritte Beitrag beschreibt gelebte "Jugendhilfe " und deren postive Effekte (Pdf-Datei, 36 kB)
Viel Spaß beim Lesen!
Tradition und Wachstumspotenzial
Die Mädchenwohngruppe Riederwald erweitert um 3 Plätze
Die ursprünglichen Wurzeln der Mädchenwohngruppe Riederwald liegen in einer Wohngemeinschaft für zehn „gefährdete“ Mädchen und junge Frauen in Sachsenhausen, unter der Leitung zweier engagierter Gründerinnen, die mit den Mädchen unter einem Dach lebten. Seit 1963 arbeitet die Einrichtung mit dem Jugendamt zusammen, seit 1974 findet die Belegung durch das Jugendamt statt.
Seit 1977 ist die Wohngruppe eine Pflegegeld- bzw. Entgeltfinanzierte Einrichtung der Jugendhilfe. Die Professionalisierung und Standardisierung der Wohngruppe schreitet als kontinuierlicher Prozess voran, bei gleichzeitiger Erhaltung bewährter Traditionen und Werte.
Der oberste Grundsatz, Mädchen ab 14 Jahren ein vorübergehendes, aber durch tragfähige Beziehungen geprägtes Zuhause zu bieten, wurde stets aufrecht erhalten. Seit dem Umzug aus Sachsenhausen in den Riederwald, bietet die Wohngruppe 1995 zunächst 14 Mädchen, nach Anmietung einer weiteren Trainingswohnung im Jahre 2002 16 Bewohnerinnen Platz. Die Kerneinrichtung befindet sich in den Räumlichkeiten der katholischen Heilig-Geist-Gemeinde, in einem ehemaligen Schwesternwohnheim.
Die untergebrachten Mädchen finden hier einen geschützten Raum, um traumatische Erlebnisse zu verarbeiten, neue Perspektiven zu ermöglichen und Selbstbewusstsein zu entwickeln, als Basis für ein später eigenständiges, selbstbestimmtes Leben.
Die traditionsreiche und familiär geprägte Atmosphäre der Einrichtung, mit wenig Leitungs- und Personalwechsel, hat schon immer dafür gesorgt, dass die Jugendämter gerne in der Mädchenwohngruppe (MWG)-Riederwald für ihre Schützlinge anfragten. Die konzeptionelle und professionelle Weiterentwicklung um fachliche Standards, wie systemisches Arbeiten und Partizipation, hatte zur Folge, dass die Platzanfragen gestapelt werden konnten, die Mädchen jedoch nicht.
So entstand schon bald nach dem Umzug die Idee, die Wohngruppe um weitere Plätze zu erweitern. Wie der Teufel es will, in diesem Fall ja wohl eher der gute Geist der katholischen Heilig-Geist-Gemeinde, wurden die von der Gemeinde nur spärlich und sporadisch genutzten, angrenzenden Räumlichkeiten endgültig frei und riefen förmlich nach einer Nutzung durch die MWG-Riederwald. Die ersten Gespräche mit der Heilig-Geist-Gemeinde ergaben, dass es für beide Seiten eine Win-Win Situation bedeutete, wenn der Caritasverband die Anmietung und den Umbau der Räumlichkeiten übernehmen würde. Mitte Oktober 2010 wurden die Verträge mit der Gemeinde unterzeichnet, ein halbes Jahr später begannen die Umbaumaßnahmen.
Im Juni 2011 konnten die ersten beiden hinzugewonnenen Plätze belegt werden, 6 Wochen später der dritte neue Platz. 19 Mädchen und zwei neue Kolleginnen bereichern seitdem die Einrichtung.
Zusätzlicher und dringend benötigter Raum bietet sich jetzt in Form eines gesonderten Lernraumes, in dem die Hausaufgaben - nicht wie zuvor in der Küche - erledigt werden. Man muss ja nicht an allen Traditionen festhalten.
Lange notwendig war auch das separate Leitungsbüro, das nun auch gleichzeitig als Gesprächszimmer für z. B. Eltern- oder Personalgespräche genutzt werden kann.
Im großen Besprechungszimmer hat das pädagogische Team jetzt einen zweiten Arbeitsplatz, an dem es möglich ist, einen Bericht zu schreiben, ohne dass Durst, Liebeskummer oder sonstige Wünsche der Mädchen für fortwährende Unterbrechungen sorgen. Ein 9 m²-Büro, welches gleichzeitig als Nachtdienstzimmer fungiert, platzt bei 10 Betreuern irgendwann einfach aus den Nähten, wenn auch selbstverständlich nicht alle gleichzeitig da sind. Auch die Verwaltungsmitarbeiterin profitiert von einem eigenen Büro in „Randlage“, um mit der notwendigen Ruhe ihre Arbeit tun zu können.
Großer Umbau, kleine (weitere) Nieschen entstehen: auch die Vorratshaltung der Lebensmittel hat einen eigenen adäquaten Platz bekommen, so dass drei zusätzliche Päckchen Mehl nicht den Rahmen sprengen.
Inzwischen haben sich Mädchen und Betreuer an die veränderte Gruppengröße gewöhnt. Das pädagogische Team experimentiert noch mit neuer Dienstplanstruktur und zieht ein erstes Resümee an einem Team-Coaching Tag im Februar 2012, welcher mit fachlicher Begleitung von Außen durchgeführt wurde.
Traditionen wahren, aber auch Neues wagen, um sich verändernden fachlichen und professionellen Standards Rechnung zu tragen bzw. Potentiale zu erkennen und auszuschöpfen, wird weiterhin das Motto der MWG-Riederwald bleiben.
Petra Gass und Doris Wende
Einrichtungsleiterin und Stellvertretung