Die Allgemeine Sozialberatung ist für Millionen Menschen die erste Anlaufstelle in schwierigen Lebenslagen. Bei 17,6 Millionen Armutsgefährdeten in Deutschland wächst der Bedarf stetig, besonders bei Behördenangelegenheiten und digitalen Hürden. Doch die Finanzierungslage ist dramatisch: 80 Prozent der Mittel stammen aus Kirchen- und Eigenmitteln, 23 Prozent der Beratungsstellen arbeiten gänzlich ohne öffentliche Unterstützung.
Wenn Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren, eine Partnerschaft zerbricht oder eine psychische Erkrankung auftritt, kann das Leben aus den Fugen geraten. Die Allgemeine Sozialberatung des Caritaserbands Frankfurt fungiert in solchen Krisensituationen als erste Anlaufstelle und Feuerwehr zugleich. Sie ist Clearing-, Vermittlungs- und Beratungsstelle für alle Menschen, die in Frankfurt wohnen - offen für Ratsuchende mit sozialen Fragen und Anliegen. Die Beratung ist vertraulich und kostenlos.
"Hausärzte" des Versorgungssystems
Constanze von Drygalski arbeitet seit vielen Jahren im Team der Sozialberater*innen beim Caritasverband Frankfurt. "Wir sind die Hausärzte des Versorgungssystems", beschreibt sie ihre Rolle. "Wie Hausärzte behandeln wir erst einmal alle, die kommen, und vermitteln sie dann bei Bedarf an die Fachstellen weiter." Die Besonderheit an dem Angebot: Es gibt kaum Wartezeiten. Selbst wenn bei den Hilfesuchenden am nächsten Tag eine Stromsperre droht, versucht das Team noch am selben Tag zu helfen.
Die Abwärtsspirale beginnt für viele Menschen oftmals scheinbar harmlos: Nach einem Jobverlust entsteht eine Versorgungslücke bei der Krankenversicherung. Plötzlich fehlt der Zugang zu Arztbesuchen und Therapien. Offene Forderungen häufen sich, Pfändungen drohen. Im schlimmsten Fall steht der Wohnungsverlust bevor - und damit der Verlust fast aller Zugänge zum Arbeitsmarkt.
Wohnungsnot in der Mitte der Gesellschaft
"Das Wohnungsproblem ist in der Mittelschicht angekommen", betont von Drygalski. Selbst Menschen mit festem Arbeitsvertrag finden auf dem Frankfurter Wohnungsmarkt kaum noch bezahlbaren Wohnraum. Nach einer Trennung müssen Betroffene oftmals bei Freunden unterkommen, in Hotels oder wechselnden Wohngemeinschaften - eine Situation, die es zusätzlich erschwert, Alltag und Arbeit zu bewältigen.
Niedrigschwelliger Zugang ohne moralischen Zeigefinger
Die Stärke der allgemeinen Sozialberatung liegt in ihrer Niedrigschwelligkeit: ein offenes Haus, kurze Wege, keine komplizierten Anmeldeverfahren. "Wir halten uns täglich Notfalltermine frei", erklärt von Drygalski. Süßigkeiten auf dem Tisch, ein kleiner Hund im Büro - kleine Gesten, die helfen, die Hemmschwelle zu senken, und signalisieren: Es ist völlig in Ordnung, dass Sie hier sind. Für die meisten Hilfesuchenden sind die Themen schambesetzt. Menschen, die ihr Leben bisher im Griff hatten, sind plötzlich handlungsunfähig und hilflos. Viele wissen nicht einmal, dass es Hilfesysteme gibt. Manche schaffen es sogar kaum noch, das Haus zu verlassen.
Erfolgsgeschichten und offene Türen
Eine junge Mutter mit drei Kindern, die Trennung und häusliche Gewalt erlebt hat und auf Bürgergeld angewiesen war, macht heute eine geförderte Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement. Solche Erfolgsgeschichten motivieren das Team - auch wenn nicht alle Schicksale ein Happy End haben. "Unsere Tür steht offen, auch nach einem Jahr oder anderthalb Jahren, eben dann, wenn die Hilfe wieder gebraucht wird", macht Drygalski deutlich.
Warnung vor Versorgungslücken
Doch was würde passieren, wenn es die allgemeine Sozialberatung nicht mehr gäbe? "Dann würde die Not draußen sichtbarer werden und eine riesige Versorgungslücke entstehen", ist sich das Team sicher. Die Menschen, die zu ihr kommen, versuchen oft mit letzter Kraft, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Das bedeutet, meist ihre Wohnung zu erhalten, ihre Gesundheit wiederherzustellen und nicht auf der Straße zu landen.