Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Jugendmigrationsdienstes (JMD) und der Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE) ziehen die Verantwortlichen eine positive Bilanz - trotz struktureller Herausforderungen und sich wandelnder Anforderungen.
Drazena Bresic, seit fast 40 Jahren bei der Caritas Frankfurt tätig und selbst im Alter von fünf Jahren aus Bosnien nach Deutschland gekommen, hat einen beispiellosen Wandel miterlebt: "In den 70ern standen vor mir Gastarbeiter*innen, die aus purer Panik vor Behörden jeden Fetzen Papier mitbrachten, selbst Werbeprospekte. Heute berate ich auch digital vernetzte EU-Bürger mit Hochschulabschlüssen", beschreibt die erfahrene Beraterin den Wandel. Aus den ursprünglich geplanten "fünf bis zehn Jahren" der ersten Gastarbeitergeneration wurden oft fünf Jahrzehnte. Bresics eigene Familiengeschichte spiegelt diese Entwicklung wider: Ihre Mutter kam, "um sich einen modernen Faltenrock zu kaufen" und wollte maximal zwei Jahre bleiben. "Aus diesen zwei Jahren wurden 57 Jahre und den Faltenrock hat sie bis heute nicht gekauft."
Digitalisierung: Segen und Fluch
Seit der Corona-Pandemie ist die Digitalisierung der Ämter spürbar vorangegangen und hat neue Probleme geschaffen. Die Zugangsbarrieren zu den Behörden und Ämtern sind gestiegen. Das Ergebnis ist oft existenziell für die Betroffenen. "Menschen verlieren ihre Jobs, Wohnungen und Versicherungen, obwohl sie ihre Anträge rechtzeitig gestellt haben", kritisiert Bresic die teils monatelangen Bearbeitungszeiten.
Bundesgefördertes Programm finanziert die ersten Schritte der Integration
Das Angebot der MBE richtet sich mit Beratung und Integrationskursen an Zugewanderte in den ersten Jahren. Teamleiterin Calogera von Auw gibt zu bedenken: "Migration ist ein Prozess, der sich nicht auf drei Jahre planen und durchführen lässt. Wohin schicken wir die Menschen, die danach Hilfe benötigen? Man benötigt einen längeren Zeitraum um Systeme zu etablieren." Ihre Kritik richtet sich an die Bundesregierung, deren Finanzierungsmodell sie insgesamt als unzureichend einschätzt.
Erfolgsgeschichte: Vom Hilfesuchenden zum Helfer
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für den Erfolg der Caritas-Arbeit ist Alina Maksiuta. Die 19-jährige Ukrainerin kam 2022 mit ihrer Mutter vor dem Krieg nach Deutschland und gibt heute selbst ehrenamtlich Nachhilfe in Deutsch und Mathematik. "Nach dem Unterrichten habe ich wirklich immer dieses Gefühl: Ich habe etwas gemacht, ich habe der Gesellschaft geholfen", beschreibt sie ihre Motivation. Ihre Geschichte steht exemplarisch für den "Kreislauf der Solidarität". Viele der heutigen Ehrenamtlichen waren einst selbst Hilfesuchende - ein starkes Zeichen für die nachhaltige Wirkung der Migrationsberatung.
Netzwerk als Erfolgsfaktor
Die Stärke der Caritas-Migrationsdienste liegt in der Vernetzung. Auch in der Migrationsarbeit arbeiten die Dienste mit Ämtern, Behörden, Integrationskursträgern und Regionalkoordinatoren des Bundesamts für Migration und Flucht zusammen. Zudem haben sich die Träger der MBE und JMD stadtweit zu einem produktiven Verbund zusammengefunden, auch als Reaktion auf die verschlechterte Finanzierungssituation.
"Die meisten Menschen, die uns aufgesucht haben, kennen die ‚Marke‘ Caritas und kommen deswegen zu uns", betont von Auw. "Für viele Klienten verbindet sich mit der Caritas der Ort, wo man hinkann, aufgehoben ist und wo jemand versucht einem zu helfen. Selbst wenn es manchmal nur eine Tasse Tee, ein Ohr und ein Brötchen ist."
Ausblick: Erfahrung für die Zukunft
Mit Berater*innen wie Drazena Bresic, die nächstes Jahr ihr 40-jähriges Dienstjubiläum feiert und sich selbst als "eines der letzten Urgesteine" bezeichnet, verfügt der Caritasverband in Frankfurt über einen wertvollen Erfahrungsschatz. Ihre Arbeitsphilosophie ist denkbar einfach: "Ich beantworte alle Fragen von der Geburt bis zum Tod. Was ich nicht weiß, das erfrage ich oder vermittle an die richtige Stelle weiter."